Das Herzensgebet – Was ist das?
„Jesus betete einmal an einem abgeschiedenen Ort. Als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger: „Herr, lehre uns beten!“ (Lukas 11,1)
Viele Menschen kennen die Sehnsucht zu beten und gleichzeitig das Unvermögen zu beten. Das Herzensgebet ist die stille Form des christlichen Gebets. Das Herzensgebet ist das „Gebet hinter den Gebeten“ oder das „Ruhegebet“ – ein Gebet ohne formulierte Gedanken und Bilder, ohne Bilder, ohne Lob, ohne Bitten.
Bei dieser Form des Gebets geht es allein um das Dasein in der Gegenwart vor Gott, in Gott.
Das Herzensgebet ist einfach, aber es braucht Disziplin und eine willentliche Entscheidung des Beters. Für das Erlernen eines Instruments oder einer Sportart muss ich regelmäßige üben. So ist es auch beim Herzensgebet.
Ich werde dich nun nach und nach in diese Form des Gebets einführen.
Der erste Weg in dieses Gebet ist der Weg in die Natur.
1.-3. Tag: Die Natur als Lehrerin
Bevor du dich regelmäßig zum Gebet hinsetzt, übst du in der Natur das Wahrnehmen.
Gehe ab heute jeden Tag mindestens für eine halbe Stunde in die Natur. Wenn es dir aus körperlichen Gründen nicht möglich ist zu gehen, dann such dir einen schönen Platz im Garten, wo du im Sitzen das Folgende üben kannst.
Wer gehen kann und am Anfang die Schnelligkeit braucht, tobe sich zuerst aus, doch dann entschleunige deinen Schritt.
Bleib ab und zu stehen: Lausche auf die Geräusche der Natur, schaue, rieche, spüre. Sei mit deinen Sinnen gegenwärtig. Versuche, so gut wie es dir möglich ist, das Denken, Benennen, Analysieren ... zu lassen. Lausche dem Gesang eines Vogels – aber denke nicht darüber nach, was das für ein Vogel ist. Schaue, ohne zu werten. Spüre den Wind auf deiner Haut, die Erde unter deinen Füßen.
Wir sind Meister darin, im Kopf zu sein, zu denken, zu planen, Lösungen zu suchen, etwas verändern zu wollen. Das wird dir auf deinen Wegen vielleicht auch passieren: Du versuchst zu lauschen, aber plötzlich merkst du, dass du bei deinen Problemen im Kopf gelandet bist. Die Vögel, den Wind, die Luft hast du gar nicht mehr bemerkt. Wenn dem so ist, ist das nicht schlimm! Verurteile dich nicht! Beginne einfach von neuem und sei wieder gegenwärtig.
Die Natur ist die große Lehrmeisterin des Herzensgebets. Der Hase lauscht mit seinen großen Ohren. Die Knospen warten still auf die Sonne. Die Katze sitzt aufmerksam vor dem Mauseloch. Wach, interessiert und gegenwärtig zu sein – das ist das Herzensgebet.
Und nun gehe los.